Herstellung flammfester Polyamide nach neuem Verfahren
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Die Flamme des Bunsenbrenners frisst sich durch das helle Gewebe aus Polyamidgarn. Heiße Schmelzperlen tropfen auf die Unterlage. Was im Brandtest unter Laborbedingungen kontrolliert abläuft, kann in der Praxis dramatische Auswirkungen haben. Deshalb arbeiten Forscher am Institut für Textilchemie und Chemiefasern Denkendorf (ITCF) an einer Verbesserung der flammhemmenden Eigenschaften von Textilien aus Polyamid. Textile Flächen aus Polyamiden finden nicht nur weite Verwendung in Bekleidungsstoffen und Heimtextilien wie Teppichen oder Wandtextilien. Hohe Zugfestigkeiten und gute Lösemittelbeständigkeit prädestinieren technische Polyamid-Gewebe für vielfältige industrielle Anwendungen, so z.B. für Papiermaschinenbespannungen und Transportbänder.

Flammfestigkeit ist in all diesen Bereichen von erheblicher Bedeutung, geht es doch sowohl um den Schutz von Personen wie von Sachwerten. Den sonst so guten physikalischen Eigenschaften von Polyamiden steht bisher ihr unzureichendes brandhemmendes Verhalten gegenüber. Um auch höheren Sicherheitsanforderungen im Brandschutz gerecht zu werden, unterzieht man Polyamidfasern bisher einer nachträglichen Behandlung: Eine chemische Substanz wird als ‚Ausrüstung‘ von außen auf die Fasern gebracht. Diese Art von Flammschutz ist jedoch nicht dauerhaft wirksam. Die Ausrüstung wird mit der Zeit ausgetragen – sei es durch Textilwäschen oder durch äußere mechanische Einwirkungen. Die Flammbeständigkeit wird immer schlechter.

Einen neuen Weg gehen die Forscher am ITCF Denkendorf, indem Sie die Flammschutzkomponenten im Kondensationsprozess direkt in die Polymerketten einbauen. Die Flammschutzverbindung ist dann chemisch fest eingebunden und hierdurch dauerhaft wirksam. Während dieses Verfahren bei Polyestern schon lange bekannt ist und derart flammgeschützte Polyestergarne bereits kommerziell erhältlich sind, ist die Situation bei Polyamiden eine andere. Ein Polyamid mit eingebauten Flammschutz-Comonomeren, wie das in Denkendorf entwickelte, ist bisher nicht auf dem Markt vertreten. Ein komplexer verfahrenstechnischer Prozess, der zum Patent angemeldet wurde, hat diese neue Materialgruppe ermöglicht. Hervorzuheben lohnt es sich, dass die verwendeten Flammschutzkomponenten hervorragenden Flammschutz bieten, jedoch halogenfrei sind. Halogene sind sonst unter Flammschutzmitteln noch weit verbreitet, können jedoch gesundheitsschädliche Halogenwasserstoffe freisetzen und im Brandfall toxische Verbrennungsprodukte entstehen lassen.

Neben den flammhemmenden Eigenschaften wurden die physikalisch-mechanischen Eigenschaften der neuartig flammgeschützten Polyamidfasern in den Denkendorfer Laboratorien umfassend mit denen von Fasern ohne Flammschutz verglichen. Es ließen sich dabei nur geringfügige Unterschiede feststellen, die für die weitere Verarbeitung der Fasern zu textilen Produkten irrelevant sind. Die bisherigen Anwendungsbereiche von Polyamidfasern werden somit durch die verbesserten Brandschutzeigenschaften deutlich erweitert.
Nicht nur der textile Bereich ist für den Einsatz brandfester Polymere von Interesse. Auch Kunststoffformteile müssen mitunter brandgeschützt sein – überall dort, wo es heiß wird, wie in Elektronikgehäusen und Maschinenverkleidungen. Letztlich finden moderne Kunststoffe im Leichtbau umfassende Verwendung. Insbesondere im Automobil- und Architektursektor werden zunehmend faserverstärkte Composite-Werkstoffe eingesetzt. Thermoplastische Kunststoffe wie das Polyamid werden als Matrix in Verbundwerkstoffen verwendet und haben hier oft besonders hohe Anforderungen im Brandschutz zu erfüllen.

www.itcf-denkendorf.de