Techtextil erfreut sich wachsender Beliebtheit bei Automobilern
Über 40 faserbasierte Anwendungsfälle mit einer Gesamtfläche von 35 Quadratmetern stecken laut IVGT-Industrieverband „Veredlung – Garne – Gewebe – Technische Textilien“ inzwischen statistisch in jedem Auto. Kein Wunder, dass Konstrukteure, Designer und Ingenieure aus der Automobilindustrie zu den wichtigsten Besuchergruppen der Techtextil (9. bis 12.5. in Frankfurt am Main) gehören.
„Das Streben nach Gewichtsreduzierung, Komfortzuwachs und Nachhaltigkeit treibt den Einsatz textiler Materialien im Auto voran“, sagt Philipp Porst, stellvertretender Geschäftsführer bei C. H. Müller. Der Techtextil-Aussteller produziert unter anderem kaschierte und beschichtete Verbundmaterialien aus Kunstleder, Textil, Leder und Naturfaserwerkstoffen für Systemlieferanten wie Yanfeng (ehemals Johnson Controls), Grupo Antolin und Faurecia; von dort gehen die Composites etwa in Form von Sitzen, Verkleidungen oder Hutablagen an OEMs wie Audi, BMW, Mercedes und VW.
Auf der Messe wird das Unternehmen aus dem südwestsächsischen Heinsdorfergrund erstmals ein neues Dekor aus Polyester-Mikrofaser namens „Velamina“ für den Autoinnenraum vorstellen. „Wir wollten hochwertige Optik und Haptik moderner Mikrofaser-Oberflächen mit ökologisch nachhaltigem Polyester vereinen“, so Porst, der die Messe gezielt zur Präsentation neuentwickelter Mobiltextilien nutzt. Laut Porst arbeite die hausinterne Entwicklungsabteilung nicht nur an Fasermaterial und -oberflächen, sondern inzwischen auch an textilen Schaltern, Elektroden und Sensoren. „Mobiltelefone lassen sich schon bald auf induktiven Flächen im Autositz laden“, ist Porst überzeugt.
Premiere mit Panorama
Der Branchenverband IVGT geht in einem Bericht für die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie, die 9.000 Automobilzulieferer mit einem Jahresumsatz von 218 Mrd. Euro vertritt, davon aus, dass der weltweite Markt für Auto-Textilien bis 2024 ein Volumen von 32 Mrd. US-Dollar erreichen wird. Zum Vergleich: Der Gesamtjahresumsatz der deutschen Textilindustrie 2016 belief sich laut IVGT auf 10,8 Mrd. Euro (ohne Bekleidung). „Wir erwarten für die kommende Messe über 650 Aussteller mit Produkten und Materialien für Pkw, Nutz-, Einsatz- und Sicherheitsfahrzeuge“, sagt Techtextil-Leiter Michael Jänecke.
Zu ihnen gehört auch der baden-württembergische Textilzulieferer Rökona, der mit Spezialisierung auf Gewirke, Färberei und Ausrüstung im großen Stil für OEMs und Automobilzulieferer produziert. Das Tübinger Unternehmen wird in Frankfurt eine neuartige, patentierte Beschattungslösung für Panoramadächer präsentieren. „Wir erreichen damit einen hohen Beschattungsgrad bei geringer Dach-Dicke“, sagt Rökona-Geschäftsführer Arved Westerkamp. Die Wickelkassetten, in denen das Panoramadach im geöffneten Zustand eingerollt ist, sollen damit künftig deutlich kleiner ausfallen. Auch eine Vierrad-Neuentwicklung ganz anderer Art feiert auf der Techtextil Weltpremiere: Die Rökona-Ingenieure haben ihr Know-how rund um Kindersitze in einen Kombi-Kinderwagen mit Ökotex-zertifiziertem Fasermaterial des Start-ups Erdenkind einfließen lassen. „Dabei wurde erstmals eine automobile Wirktechnologie in einem Kinderwagen eingesetzt“, so Westerkamp. Dank eines speziellen Mechanismus könne der Sitz des Wagens synchron mit dem Kind „mitwachsen“.
Mit Mobiltextilien zum Mars
Weil zum Anwendungsfeld Mobiltech traditionell auch der Bereich Luft- und Raumfahrt gehört, werden auf einem Techtextil-Sonderareal „Living in Space“ Mobiltextilien ebenfalls eine Rolle spielen. Auf dem in Kooperation mit der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) organisierten Areal wird die Einsatzbreite technischer Textilien am Beispiel einer künftigen Marsmission anschaulich demonstriert.
So wird der Garnhersteller Zimmermann aus dem Allgäu, der auch Garne für Sicherheitsgurte und Zwirne für Airbags fertigt, einen Carbongarn zeigen, aus dem die Augsburger MT Aerospace ein Gehäuse für den Festtreibstoff-Booster der Ariane 6 gefertigt hat. Die noch in der Entwicklung befindliche Trägerrakete soll ihren Erstflug laut ESA im Jahr 2020 absolvieren. Bauteile aus carbonfaserverstärktem Kunststoff kommen in der Raumfahrt laut DLR unter anderem als Trägerstrukturen für Sonnenkollektoren, etwa auf der ISS, aber auch als Hitzeschutzkacheln von Raumfähren oder – gemeinsam mit Aluminium-Wabenstrukturen – als Nutzlastverkleidungen zum Einsatz.
Mobiltech – zweitgrößter Anwendungsbereich auf der Techtextil
Sitzbezüge, Dachhimmel und Sicherheitsgurte, ebenso Filter, Schläuche, Airbags, Instrumententafeln und zunehmend Autoteile aus faserverstärktem Kunststoff: Konstrukteure, Designer und Ingenieure nicht nur aus der Automobilindustrie finden auf der Techtextil Trends und neueste Forschungs- und Entwicklungsergebnisse rund um Mobiltextilien. Fast die Hälfte der rund 1.470 Aussteller zeigen Materialien, Produkte und Neuheiten für das Anwendungsfeld Mobiltech.
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